Hilfe für Wohnungslose

Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen stellt heute folgende Anfrage an die Bürgermeisterin:

Sehr geehrte Frau Bürgermeisterin Westkamp,

auch in Wesel bringt die kalte Jahreszeit für wohnungslose Mitmenschen Gefahren für Leib und Leben mit sich, die nicht unterschätzt werden dürfen. In anderen Teilen Deutschlands gibt es bereits wieder Erfrierungsopfer bis hin zu Kältetoten zu beklagen.

Wohnungslose Menschen leiden neben der Armut oft auch unter sozialen und gesundheitlichen Beeinträchtigungen. Betroffen sind Frauen und Männer, Alte und Junge sowie Kranke.

Nach Art. 2 Abs. 2 des Grundgesetzes hat jeder das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Daraus erwächst die Verpflichtung des Staates, das menschliche Leben zu schützen und Maßnahmen zur Abwendung von Gefahren – z.B. eines drohenden Kältetods – zu ergreifen.

Das Leben stellt nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts innerhalb der grundgesetzlichen Ordnung einen Höchstwert dar. Es ist die vitale Basis der Menschenwürde und Voraussetzung aller Grundrechte.

Hierbei handelt es sich um ein Menschenrecht, das jedem unabhängig von seiner Staatsangehörigkeit zusteht. Das Grundrecht auf Leben schützt nicht nur vor staatlichen Eingriffen, sondern verpflichtet in Fällen, in denen das Leben durch die Vorenthaltung lebensnotwendiger Mittel unmittelbar bedroht ist, den Staat zum Handeln. Auch aus dem Grundrecht auf körperliche Unterversehrtheit ergibt sich eine unmittelbare Leistungspflicht des Staates. Schließlich normiert Art. 1 Abs. 1 GG das unbedingte und oberste Prinzip der verfassungsmäßigen Ordnung, nämlich die Unantastbarkeit der Würde des Menschen und die Verpflichtung aller staatlichen Gewalt, diese zu achten und zu schützen.

Aus diesen Grundrechten folgt auch der Anspruch eines Menschen gegenüber dem Staat, vor dem Erfrieren bewahrt zu werden.

Ein Einschreiten ist in der Regel sogar auch dann erforderlich, wenn die gefährdete Person freiwillig obdachlos ist und Hilfe ablehnt.

Aufgrund der bestehenden rechtlichen Verpflichtung sollte jede Stadt und Gemeinde die für die Unterbringung von (unfreiwillig) wohnungslosen Menschen erforderliche Anzahl von Notunterkünften zur Verfügung stellen, die ganztägig zu erreichen sein müssen.

In diesem Zusammenhang bittet die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen im Sozialausschuss um Beantwortung insbesondere der folgenden Fragen:

  1. Ist in der Verwaltung bekannt, wie viele Menschen zurzeit in Wesel von Wohnungslosigkeit betroffen sind? Sind auch Kinder oder Jugendliche betroffen?
  2. Wie sind die Öffnungszeiten der Einrichtungen und wie wird in der kalten Jahreszeit – besonders bei Minustemperaturen – verfahren?
  3. Wie wird ein bedarfsgerechter Schutz vor dem Erfrieren sichergestellt?
  4. Hält die Stadt eine ausreichende Zahl von Nachtquartieren bereit?
  5. Welche niederschwelligen Angebote für wohnungslose Menschen gibt es?
  6. Werden Decken, warme Kleidung und Zelte zum Schutz vor dem Kältetod ausgegeben?
  7. Teilen die Mitarbeitenden der Fachverwaltung Infokarten für Betroffene aus, auf denen die Adressen von Unterkünften, zuständigen Behörden und sonstigen Ansprechpartnern und die Öffnungszeiten der Hilfeeinrichtungen zu ersehen sind?
  8. Sind die Angebote auch in den Nachtstunden erreichbar?
  9. Gibt es räumlich getrennte Unterkünfte für Frauen und Männer?
  10. Wie kann der Tagesaufenthalt bei Frost gesichert werden, falls der Erfrierungsschutz nur für die Nachtstunden zur Verfügung steht?
  11. Gibt es Aufwärmstuben, die von den Betroffenen aufgesucht werden können?
  12. Gibt es Hilfemöglichkeiten für Menschen mit Hund?
  13. Gibt es in den städtischen Einrichtungen Gemeinschaftsräume, die bei niedrigen Temperaturen ganztägig genutzt werden dürfen?
  14. Was tut die Verwaltung, um die Bevölkerung für dieses Thema zu sensibilisieren und sie vielleicht in ein Hilfekonzept einzubinden?

Mit freundlichen Grüßen

gez. Marlies Hillefeld

Mitglied im Rat der Stadt Wesel

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