Beim Bundesparteitag der Grünen in Karlsruhe

vlnr: Christian Pelikan, Clara Stockhorst, Falco Weichselbaum, Ulle Schauws (MdB), Hans-Peter Weiß, Christina Lantwin, Niklas Graf

Bericht von Falco Weichselbaum (OV Wesel)

Vom 23. bis zum 26. November fand der bisher längste Parteitag von Bündnis 90 / Die Grünen in Karlsruhe statt. Falco Weichselbaum vom Ortsverband Wesel war als Ersatzdelegierter des Kreisverbandes mit dabei und konnte vor Ort die Geschehnisse beobachten:

Teile der Presse orakelten im Vorfeld, der Parteitag solle zu einer Belastungsprobe der Grünen werden.
Europa war das zentrale Thema. Die Kandidierendenliste und das Wahlprogramm wurden verabschiedet. 

Wie funktioniert eigentlich der Prozess mit den Änderungen am Wahlprogramm und Anträgen an die Versammlung als solche (Dringlichkeitsanträge & Verfahrensvorschläge)? Es existiert ein Online-Portal, über das Parteimitglieder einzeln oder als Gruppe wie ein ganzer Kreisverband, eine Landesarbeitsgemeinschaft (LAG) oder eine Bundesarbeitsgemeinschaft (BAG) Anträge einreichen können. Das Wahlprogramm liegt im Portal im Entwurf vor und kann bearbeitet werden. Hier können also gezielt Änderungen vorgeschlagen werden. Das ist dann ein sogenannter Änderungsantrag und um diesen zu bewilligen, braucht es die Unterstützung von mehreren Parteimitgliedern. Die technische Möglichkeit zur Zustimmung ist auch über das Portal möglich. So kamen im Vorfeld (es gibt Fristen bis kurz vor dem Parteitag) über 1000 Änderungsanträge zusammen. Eine zuvor gewählte Antragskommission organisierte die Verarbeitung und war die Schnittstelle zum Bundesvorstand, der die Hoheit über den Entwurf hat. Gibt es Dopplungen? Können sich Antragstellende mit dem Bundesvorstand über eine Formulierung einigen? All das findet im Vorfeld statt. Auf dem Parteitag werden dann die Änderungsanträge behandelt, zu denen eine Kompromisslösung ausblieb.

Es begann am Donnerstag mit verschiedenen Anträgen, die im Vorfeld für Unruhe gesorgt hatten. Die Basis wünschte sich mehr Beteiligung und forderte die Diskussion über grundlegende Themen auf dem Parteitag ein. Am Ende wurde dies abgelehnt, zu kompliziert wäre die Änderung der Zeitpläne und zu straff war das Programm sowieso schon geschnürt.

Der Freitag stand voll im Zeichen der Kandidierenden-Liste. Nicht zu vergessen: Wir haben vorher noch Ricarda Lang und Omid Nouripour als unser Bundessprecherteam bestätigt. Unsere frisch gewählte Spitzenkandidatin für die kommende Europawahl Terry Reintke hielt eine fulminante Rede über europäische Werte und die Transformation, die wir von dort aus vehement zünden wollen. Das machte richtig Laune und stimmte uns auf den Europawahlkampf ein. 

Am Samstag wurde mit Deutlichkeit in der Abstimmung ein Adenauer-Zitat aus dem Wahlprogramm gestrichen. Der Basis erschien es unglücklich, dieses am Anfang eines Grünen Wahlprogramms zu sehen. Doch die wichtigste Abstimmung sollte den Abend bestimmen. Die Grüne Jugend forderte rote Linien in der Asylpolitik – eine Konsequenz aus den Kompromissen zum Gemeinsamen Europäischen Asylsystem (GEAS). “Keine Asylrechtsverschärfungen” lautete die Forderung. Die Redebeiträge wurden emotional, es gab davon über 10 plus zusätzlich gesetzte Redebeiträge von Bundesvorstand und Svenja Appuhn als Grüne Jugend Bundessprecherin. Der Bundesvorstand verteidigte seine Version damit, dass eine Einschränkung eine Regierungsbeteiligung gefährde und damit den Menschen das Feld überlassen würde, die noch härtere Asylverschärfungen durchsetzen wollen. Diese Ansicht überzeugte die Basis dann und der Antrag wurde abgelehnt. Trotzdem – das gehört dazu – wurden zuvor durch einige Anträge die Formulierungen noch einmal konkretisiert, es gab einige modifizierte Übernahmen.

Alle Anträge samt aktuellem Status (Zustimmung, Ablehnung, Modifizierte Übernahme) ⤵️
🌐 https://antraege.gruene.de/49bdk 

Übersicht über die Programmpunkte ⤵️
🌐 https://bdk.gruene.de/  (diese wird allerdings bald abgeschaltet, da sie während der Veranstaltung als Überblick diente.)

Bemerkenswert waren die Reden zwischen den Programmpunkten, bei denen wichtige Industrievertreter:innen sich an die Grünen wandten und ihre Wertschätzung für Grüne Politik ausdrückten. Ein gutes Zeichen! Denn das bedeutet, dass die Parteien, die klassischerweise Industrie und Gewerkschaft zugeordnet sind, dort an Zustimmung verlieren.

Lohnenswert sind die Reden von Robert Habeck, der die aktuelle Lage einordnete und appellierte, wie wichtig grüne Beteiligung in der Regierung ist und wie schmerzhaft die Angriffe auf diese sind. Genau jetzt sei die Zeit für grüne Politik gekommen. Cem Özdemir machte sich in seiner Rede stark für eine Reform der Schuldenbremse. Er brachte auch gleich Lösungsvorschläge mit, die viel Applaus erhielten. Die Links zu Videoaufnahmen der Reden findet ihr ⤵️

Rede von Robert Habeck 🌐 https://www.youtube.com/watch?v=AXu7YW5uTDM 

Rede von Cem Özdemir 🌐 https://www.youtube.com/watch?v=5gllcCn_2hs 

Die Delegation des KV Wesel kehrt aus Karlsruhe mit einer gehörigen Portion Motivation auf den Europawahlkampf zurück! 🤗🌻💚