Radverkehr in Wesel

von Friedrich Hillefeld, Verkehrspolitischer Sprecher des Ortsverbands Wesel von Bündnis 90/Die Grünen (04.03.2020)

Des Kaisers neue Kleider – Radverkehrspolitik in Wesel

In einer Sitzung des zuständigen Ausschusses hat ein mit Verkehrsplanung betrauter Mitarbeiter der Stadtverwaltung ausdrücklich als Fahrradbeauftragter von der Benutzung von Lastenfahrrädern abgeraten und vor einer Förderung ihres Einsatzes geradezu gewarnt, weil die Verkehrsinfrastruktur in Wesel für derartige Fahrzeuge wegen ihres Platzbedarfs nicht geeignet sei.

Das gilt ja dann wohl auch für Dreiräder, die gerne oder notwendigerweise von Familien oder von älteren sowie von behinderten Menschen benutzt werden.

Dieses Armutszeugnis ist das Ergebnis einer trotz 25-jähriger AGFS-Mitgliedschaft betriebenen Verkehrspolitik.

Es kennzeichnet eine Verkehrspolitik, die eine regelrechte Klassengesellschaft auf der Straße

schafft und erhält, wo der motorisierte Verkehr die Maßstäbe setzt und Menschen zu Fuß oder auf dem Rad als Randgruppe gesehen und konsequenterweise wortwörtlich an den Rand gedrängt werden (einzige Ausnahme: Baustraße – aber auch nur für Erwachsene auf dem Rad).

Es kennzeichnet eine Verkehrspolitik, die seit Jahren nichts vorzuweisen hat als die Einweihung der nächsten Etappe eines vor den Toren Wesels verlaufenden Radwegs fragwürdiger Qualität.

Es kennzeichnet eine Verkehrspolitik, für die der Radverkehr lediglich als Marketing-Instrument interessant ist und der auch die x-te Haushaltsbefragung in erster Linie zur Selbst-beweihräucherung und eben nicht als Basis eines zukunftsfähigen Verkehrskonzeptes dient.

Aber selbst die Teilnahme Wesels am Stadtradeln musste den Entscheidenden geradezu abgerungen werden – gegen jahrelangen erbitterten und mit fadenscheinigen Argumenten begründeten Widerstand der Ratsmehrheit und der Stadtverwaltung.

Bezeichnend ist die Reaktion des Ausschusses für Stadtentwicklung, Umwelt und Nachhaltigkeit auf den von der Stadtverwaltung geleisteten Offenbarungseid.

Leider hat er resignierend im Immobilismus verharrt und sich trotz seines Namens nicht darauf verstanden, eine zukunftsfähige Verkehrsplanung einzufordern.

Die Verkehrspolitik Wesels wird dem relativ hohen Radverkehrsanteil nicht gerecht und will das anscheinend auch nicht ändern.

Der Kaiser ist nackt.

Artikel kommentieren