Ein Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, U. Gorris Fraktionssprecher und H. Münnich sachkundiger Bürger, wurde mit Datum vom 26.04.2021 an die Bürgermeisterin der Stadt Wesel, Frau Ulrike Westkamp gerichtet:
Klimaoptimiertes Energiekonzept des Kombibades am Rhein
Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen stellt den folgenden Beschlussvorschlag an den Rat der Stadt Wesel:
Beschlussvorschlag:
- Der Rat der Stadt Wesel fordert die Verwaltung auf, ein neues klimaoptimiertes Energiekonzept für das geplante Kombibad am Rhein in Auftrag zu geben.
- In dem Konzept soll die Kompatibilität des Energiekonzeptes des Kombibades mit den strategischen Zielen der Stadt Wesel, klimaneutrale Verwaltung bis 2025, bzw. klimaneutrale Kommune bis 2035 dargestellt werden.
- Beantwortet werden müssen folgende Fragestellungen: Wie verändern sich die CO2-Emissionen im Stromsektor (v.a. bezogen auf die Wärmepumpenlösung) in den kommenden 15 Jahren durch das von der Bundesregierung beschlossenen Klimaschutzschutzgesetz (Kohleausstieg und regenerative Stromerzeugung)?
- Wie verändern sich die prognostizierten Betriebskosten der dargestellten Optionen durch die absehbare Anhebung des CO2 Preises und die beschlossene Senkung der EEG-Umlage?
- Wie verändern sich die Betriebskosten durch Substitution des Gaseinsatzes im BHKW und Heizkessel durch den Einsatz von Biogas oder Wasserstoff?
- Es müssen Optionen vorgelegt werden, die einen klimaneutralen Betrieb bis 2025 ermöglichen, z.B. steuerungstechnisch optimierte Kombination aus biogasbetriebenem BHKW und Wärmepumpe.
Der Rat der Stadt Wesel weist den Vertreter der Stadt Wesel in der Gesellschafterversammlung der Städtische Bäder Wesel GmbH an, die Geschäftsleitung zu beauftragen, diesen Beschluss umzusetzen.
Begründung und fachlicher Hintergrund
Der Rat der Stadt Wesel hat in seiner Sitzung im Dezember 2020 ambitionierte Klimaschutzziele beschlossen. Demnach wird angestrebt die Kommune bis 2035 und die städtische Verwaltung bis 2025 klimaneutral aufzustellen. Folgerichtig wurde auch für das in Planung befindliche Kombibad ein „möglichst klimaneutrales Energiekonzept“ gefordert.
Das Kombibad stellt die klimapolitisch bedeutendste Entscheidung des Weseler Stadtrates in den kommenden 15 Jahren dar. In der von der Planungsgruppe VA favorisierten Variante wäre es für mehr als 20 % aller durch die Kommune im Rathaus, Bühnenhaus, VHS, allen Schulen, Sporthallen und weiteren städtischen Einrichtungen verursachten Emissionen.
Die Größe der Aufgabe lässt sich durch einige Vergleiche darstellen:
- der Wärmebedarf des Kombibades entspricht dem von 200 Einfamilienhäusern, der Strombedarf sogar 500 Vierpersonenhaushalten.
- Um die CO2-Emissionen zu kompensieren müssten 1000 Benziner durch Elektroautos ersetzt werden oder 1000 Weseler Bürger müssten für den Rest ihres Lebens auf Fleisch verzichten.
- Die Kompensation durch neu zu pflanzende Bäume würde 100 ha Fläche benötigen und dauert mindestens 40 Jahre.
Von der beauftragten Planungsgruppe VA wurden drei Varianten für die Energieversorgung des Kombibades erarbeitet und in Sitzungen des Aufsichtsrates der Bädergesellschaft und des Stadtentwicklungsausschusses vorgestellt.
Aus Sicht der Grünen verfehlen die Empfehlungen der Planer den vorgegebenen Auftrag bei weitem. Sowohl bei der Berechnung der emittierten Klimagase, als auch bei der Prognose der Betriebskosten liegen erhebliche methodische Mängel vor.
- Bei der Berechnung der CO2 Emissionen des Stroms für die Wärmepumpe (Option 3) werden erzeugungsbedingte Emissionen von 471 g/kWh angenommen. Dieser Wert bezieht sich auf das Jahr 2018. Im Jahr 2020 liegt er nur noch bei 401. Im Jahr der Inbetriebnahme wird der Wert gemäß Klimaschutzplan der Bundesregierung nur noch bei 325 g/kWh liegen und 2040 bei 130 g/kWh. Über die geplante Laufzeit von 15 Jahren würde sich so der CO2 Ausstoß halbieren. Damit wäre die Option 3 eindeutig die klimafreundlichste Variante.
- Die Kombination der Wärmepumpe mit selbst erzeugtem Strom vom Dach und weiterer möglicher PV-Module auf dem Parkplatz wurde nicht berücksichtigt.
- Die Kosten für die Tiefenbohrung für die Wärmepumpe werden viel zu hoch kalkuliert. Die Nutzung des Rheinwassers als Wärmequelle wird nicht in Betracht gezogen.
- Bei der Berechnung der Betriebskosten des BHKWs (Option 1) wird eine Erhöhung des Gaspreises um jährlich 2 % angenommen. Der kontinuierliche Anstieg des CO2 Preises wird nicht berücksichtigt. Der angekündigte CO2 Preis von 55 €/t im Jahr 2025 erhöht die Bezugskosten für Gas um 34 % gegenüber der vorgelegten Kalkulation. Die Hochrechnung auf den Betriebszeitraum von 15 Jahren führt zu 2,25 Mio€ höheren Betriebskosten als angegeben.
- Vom Bundeswirtschaftsministerium wurde im Dezember 2020 die Richtlinie für die Förderung effizienter Nichtwohngebäude veröffentlicht. Eine Förderung von bis zu 22,5% der Maßnahme ist möglich. Die dafür erforderliche Auslegung im Niedrigenergiestandard wurden nicht geplant.
- Auf den steuerlichen Querverbund zwischen Bädergesellschaften und Stadtwerken spezialisierte Steuerberater halten die Durchsetzung des steuerlichen Querverbundes auch für eine Kombination aus Wärmepumpe und PV-Anlagen beim Finanzamt für möglich. Diese Option wurde in keiner Weise geprüft.
- Steuerungstechnisch optimierte Kombinationen aus BHKW und Wärmepumpe wurden nicht dargestellt.
- Die Option, „irgendwann später“ fossiles Gas durch Biogas zu ersetzen wurde erwähnt, aber werden ökologisch noch ökonomisch bewertet.
Ulrich Gorris, Fraktionssprecher
Horst Münnich, sachkundiger Bürger