Sehr geehrte Bürgermeisterin, sehr geehrte Damen und Herren, sehr geehrter Bundestagsabgeordneter Bernd Reuther. Aus gegebenem Anlass beginne ich meine heutige Haushaltsrede, indem ich mein Bedauern über das Scheitern der Sondierungsgespräche der Jamaika-Parteien ausdrücke. Mindestens im Bereich des Klimaschutzes schien mit dem Vorschlag, die ältesten Braunkohlekraftwerke abzuschalten, ein deutlicher Schritt möglich. Ich fürchte, dass sich der Klimaschutz jetzt wieder vier Jahre hinter den Interessen der Energie- und Automobillobby anstellen muss. Teilweise war es absurd in der gleichen Nachrichtensendung die dringenden Apelle der Wissenschaftler von der Klimakonferenz in Bonn zu hören und danach Herrn Dobrindt, der über „grüne Schwachsinnsforderungen“ hergezogen ist.
Das hat mich übrigens an den Kollegen Ludger Hovest erinnert, der gerne von „grüner Ideologie“ spricht, wenn wir Klimaschutz in Wesel fordern.
Viele Wissenschaftler halten den Klimawandel, der weltweit dreimal mehr Menschen in die Flucht treibt als alle Kriege, für die größte Herausforderung dieses Jahrhunderts. Die Leistung von Paris war es, zum ersten Mal einen solidarischen Weg für alle Nationen und Menschen aufzuzeigen.
Was hat das mit uns, was hat das mit Wesel zu tun?
Wir Grünen in Wesel haben uns zum Ziel gesetzt, Aktionen und Projekte zu initiieren und zu unterstützen, die solidarisches Handeln und eine gesunde Umwelt zum Ziel haben.
In erster Linie haben wir Grünen uns angesehen, ob die Stadt Wesel ihrem im Klimaschutzkonzept von 2013 formulierten Leitziel: Stadt als Vorbild gerecht wird.
Nach unserer Einschätzung kann davon keine Rede sein. Unser Antrag im Ausschuss für Stadtentwicklung, eine CO2-Bilanz der Klimaschutzmaßnahmen aufzustellen, zeigte fast keine messbaren Resultate. Für das kommende Jahr haben wir eine Bilanzierung der städtischen Gebäude beantragt. Wir sind sicher, dass die Stadt die Zielmarke von 40% CO2 Reduktion bis 2020 nicht erreicht. Deshalb fordern wir, eine zusätzliche Planstelle für einen Ingenieur im Fachbereich 2 auszuschreiben, damit alle wirtschaftlich darstellbaren Energiesparmaßnahmen auch zeitnah durchgeführt werden. Überhaupt kein Verständnis haben wir dafür, dass Uraltkessel in Kitas, defekte Steueranlagen und LED-Beleuchtungen nach dem Willen der großen Fraktionen nicht durchgeführt werden sollen.
Die Energieberatungsstelle der Verbraucherberatung NRW leistet hervorragende Arbeit, ist aber nur ein Viertel so oft besetzt, wie im Klimaschutzkonzept beschrieben. Das beispielhafte Innovation-City-roll-out auf dem Schepersfeld erreicht nur ein Zwanzigstel der Weseler Haushalte.
Teil der Energiewende muss auch eine Mobilitätswende sein. Einfach 55 Mio Kraftfahrzeuge mit Elektromotoren anzutreiben, wird nicht funktionieren. Wir brauchen flexiblere Systeme, Carsharing, digital gesteuerte Mitfahrmodelle, multimodale Vernetzung des öffentlichen Personen- und Güterverkehrs. Aktuelles Thema in Wesel ist der Nahverkehrsplan. Wenn wir über Dorfentwicklungskonzepte diskutieren, dürfen wir die Stadtteile nicht vom ÖPNV abschneiden. Wir Grünen haben die Taktverdichtung im Anruflinientaxi gefordert. Leider gab es dafür im Rat keine Mehrheit.
Was mich allerdings beruhigt, ist die Tatsache, dass gute Ideen sich auch dann durchsetzen, wenn die Ratsmehrheit von SPD und CDU das noch nicht verstehen.
Ich möchte hier einige Beispiele nennen:
Wir Grünen haben vorgeschlagen, den ehemaligen Spielplatz am Hummelweg zum Bürgergarten umzuwidmen. Die Ratsmehrheit wollte das Grundstück lieber mit Einfamilienhäusern bebauen. Als die Bebauung nicht umsetzbar war, haben wir am Hummelgarten einfach angefangen zu gärtnern. Im November wurde die Initiative mit dem Klimaschutzpreis ausgezeichnet.
Die Aktion Stadtradeln, an der deutschlandweit 620 Kommunen, 222 tausend Radlerinnen und Radler teilgenommen und 6 Mio t CO2 gespart haben. Elf der 13 Kommunen im Kreis Wesel waren beteiligt. Dabei geht es nicht ums Gewinnen, sondern darum, gesehen und anerkannt zu werden. Die über 100 Weseler Teilnehmer wurden in der Presse kaum wahrgenommen und von den offiziellen Vertretern der Stadt nicht gewürdigt. Wir freuen uns über die 4700 €, die der Büdericher Tambourcorps für Karnevalsuniformen bekommt. Wir Grünen hätten uns genauso über die 3000 € für die Teilnahme am Stadtradeln gefreut.
Aus Sicht der Grünen, ist der städtische Haushalt insgesamt solide aufgestellt. Mit den politischen Schwerpunktsetzungen und den daraus resultierenden Änderungen sind wir allerdings nicht einverstanden. Die eingebrachten Sparvorschläge im Fachbereich 2 halten wir weder aus ökologischer noch aus wirtschaftlicher Sicht für vertretbar.
Aus diesem Grunde lehnen wir den geänderten Haushaltsplanentwurf für das Jahr 2018 ab.
Wesel, 12.12.2017 gez. Ulrich Gorris
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