Bebauung Grundstücke Willibrordi

Sehr geehrter Frau Westkamp,

die Grundstücke des Willibrordi-Altenheims sollen nach dem Beschluss des Rates an Investoren verkauft werden. Uns liegen deren Planungskonzepte vor und wir haben uns intensiv damit auseinandergesetzt. Wir haben dazu Fragen, Bedenken und Anregungen und bitten um Ihre Unterstützung hierzu.

Wir haben Sorge, dass das Herz der Stadt Wesel – die Umgebung des bedeutendsten Baudenkmals der Stadt, dem Willibrordi-Dom – nach dem Abriss des Altenheims nicht eine der historischen Umgebung angemessene Gestaltung erfährt.

Die städtebauliche Situation als Tor zur Stadt mit dem einzigen grünen Platz in der Kernstadt, verlangt nach einer besonderen städtebaulichen und architektonischen Lösung. Dies lassen aber die im Rat von den Investoren vorgestellten Pläne nicht ausreichend erkennen.

Uns ist bewusst, dass die Gestaltung der Bauvorhaben letztlich in der Verantwortung der Investoren liegt. Dennoch meinen wir, dass der Rat der Stadt Wesel auch eine Verantwortung gegenüber der Bürgerschaft hat, auf ein bestmögliches Ergebnis der Neugestaltung dieses Bereichs hinzuwirken.

Die planungsrechtlichen Instrumente, wie z.B. ein vorhabenbezogener Bebauungsplan auf der Grundlage eines städtebaulichen/architektonischen Ideenwettbewerbs, bieten eine solche Möglichkeit. Dazu steht nach unserer Meinung genügend Zeit zur Verfügung. Man sollte sich auch in Hinblick auf die Bedeutung dieses Vorhabens, das auf lange Zeit das Gesicht der Stadt an dieser Stelle prägen wird, nicht unter Zeitdruck setzen lassen.

Wir vermissen auch eine Information über die Empfehlungen des Gestaltungsbeirates, die Stellungnahme des Dombauvereins und des Rheinischen Amtes für Denkmalpflege, die unserer Meinung nach zu diesem Projekt beteiligt werden sollten, auch wenn dazu keine rechtliche Verpflichtung besteht.

Wir begrüßen ausdrücklich, dass Investoren gefunden wurden, die beabsichtigen, neue bezahlbare Mietwohnungen, insbesondere auch öffentlich geförderte, zu schaffen. Auch das Nutzungskonzept für den Neubau am Willibrordiplatz mit Tagespflege, Begegnungsstätte und betreutem Wohnen hat unsere Unterstützung. Hierfür besteht in der Innenstadt ein besonderer Bedarf.                                      

Wir möchten aber auf die nachfolgenden Punkte, die bei der weiteren Planung berücksichtigt werden sollten, hinweisen:

Anregungen zum Baukonzept:

  • Die vorgesehene Anzahl von 67 Wohnungen des Baus mit giebelständigen Dächern auf engem Raum und die Höhe der geplanten Bebauung – 4 Vollgeschosse plus Dachgeschoss und Anhebung um 1,40 m über der Geländeoberfläche durch die geplante Tiefgarage – ist problematisch und sollte überdacht werden.
  • Der hufeisenförmige Gebäudekomplex wirkt dadurch sehr massiv. Die umgebende Bebauung am Hansaring und an der Niederstraße ist überwiegend nur 2/3-geschossig, ebenso wie die vorhandenen Altenheimgebäude. Die Firsthöhe des Gebäudekomplexes ist etwa so hoch wie die des Hauses am Dom. Der Anschluss an dieses Gebäude ist architektonisch nicht angemessen abgestimmt.
  • An einer Grundstücksecke am Hansaring befindet sich eine sehr alte Linde mit erheblichem Stammumfang. Auf der Innenfläche steht eine weitere, etwas kleineren Linde. Die würden dem Bau zum Opfer fallen. Zumindest die große Linde sollte erhalten bleiben.
  • Das Interesse des Investors nach einer möglichst hohen wirtschaftlichen Ausnutzung des Grundstücks sollte nicht ausschließliches Kriterium bei der Neubebauung sein.
  • Ein weiterer Punkt ist, dass so gut wie keine gewachsenen Freiflächen auf dem Grundstück übrigbleiben. Dafür ist die vorgesehene Begrünung einiger Flachdächer in keiner Weise ein Ersatz. Mit klimaschonender Bauweise ist das leider nicht vereinbar. Das Grundstück wird bis auf den letzten Quadratmeter vollkommen versiegelt.
  • Der Innenhof befindet sich auf einer Tiefgarage und bekommt durch die hohe Randbebauung so gut wie keine Sonneneinstrahlung.
  • Die beabsichtigte „Begrünung“ dieser Fläche über einer Tiefgaragenbetondecke wird genauso wenig wirklich grün sein wie der Große Markt über der darunterliegenden Tiefgarage. Die „Grünfläche“ muss künstlich bewässert werden.
  • Das Energiekonzept des Gebäudekomplexes sollte neue Konzepte wie Wärmegewinnung durch Geothermie oder Nahwärmeversorgung, z.B. durch Abwärme der Kläranlage und zur Wassernutzung und –behandlung, Gewinnung von Brauchwasser aus Regenwasser und Ableitung durch Versickerung berücksichtigen.
  • Fraglich ist auch, ob die Zufahrt zur geplanten Tiefgarage mit 48 Einstellplätzen vom Hansaring aus überhaupt funktioniert, da hierzu die aus Richtung Norden kommenden Fahrzeuge die Allee auf der Mittelinsel entweder queren oder an der Kreuzung Fischertorstr./ Pastor-Bölitz-Str. wenden müssen, was zu einer Behinderung des Verkehrsflusses beiträgt. Es fehlen außerdem im Baukonzept für 67 WE 19 Kfz- Stellplätze.
  • Wir vermissen auch Aussagen zum Schallschutz der Wohnungen, die an einer der meist befahrenen Straßen der Stadt, dem Hansaring, zu liegen kommen.

Fazit:

Bei der Überplanung des Standorts am Willibrordiplatz muss Wert auf bestmögliche städtebauliche Gestaltung in diesem sensiblen Stadtbereich gelegt werden.

Es geht um die Neugestaltung eines bedeutenden historischen Orts im Zentrum der Stadt Wesels, die eine angemessene architektonisch qualitätsvolle Bebauung verlangt und Rücksichtnahme auf den stadtklimatisch wichtigen Willibrordiplatzes mit seinen, großen, 30 Jahre alten Bäumen nehmen muss!

Eine Neubebauung im Dom-Umfeld muss auch Belange des Denkmalschutzes berücksichtigen, die mit Sicherheit bei dem Neubau auf dem Willibrordiplatz gegeben sind. Dazu muss das Rheinische Amt für Denkmalpflege einbezogen werden. 

Für den Neubau auf dem Willibrordiplatz gibt es noch keinen architektonischen Entwurf. Es sollte darauf geachtet werden, dass eine dem Standort angemessene architektonisch qualitätsvolle Bebauung entsteht.

Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen regt an:

Für den Neubau auf dem Willibrordiplatz schlagen wir einen beschränkten Architekturwettbewerb vor mit dem Ziel, Alternativen für die äußere Gestaltung des Gebäudes auf der Grundlage der vorliegenden Planung des Investors zu erhalten.“

Das Ergebnis soll zur Absicherung der angestrebten städtebaulichen Ziele im Umfeld des Willibrordi-Doms in einem vorhabenbezogenen Bebauungsplan mit städtebaulichem Vertrag festgesetzt werden.

Über den Fortgang der Planung ist im Stadtentwicklungsausschuss zu berichten. Dort sollen auch die Empfehlungen des Gestaltungsbeirates zur Kenntnis gegeben werden.

Wir erwarten, dass die Bürgermeisterin, die als Stadtentwicklungs-Dezernentin für die Entwicklung der Stadt verantwortlich ist, sich für dieses Anliegen einsetzt.

Mit freundlichen Grüßen

Ulrich Gorris, Fraktionsvorsitzender