Verwaiste jüdische Friedhöfe

M. Hillefeld, Mitglied im Rat der Stadt Wesel und U. Gorris, Fraktionssprecher Bündnis 90/Die Grünen

stellten am 11.08.2021 nachfolgenden Antrag an die Bürgermeisterin der Stadt Wesel, U. Westkamp.

Verwaiste jüdische Friedhöfe

hier: Pflege des Friedhofes am Ostglacis

Sehr geehrte Frau Bürgermeisterin Westkamp,

Jüdische Friedhöfe haben unterschiedliche Bedeutungen.

  • Als religiöse Kultstätten dienen sie zur Bestattung Verstorbener. Eine hebräische Bezeichnung für Friedhof lautet in der Übersetzung: Haus der Ewigkeit. Daraus ergibt sich nach jüdischer Tradition die Notwendigkeit, diese Orte niemals aufgeben zu dürfen.
  • Als Erinnerungsorte dienen sie Verwandten, Bekannten und Besucherinnen und Besuchern der Grabstätten als familiäre, persönliche aber auch als lokale und religiöse Erinnerungsorte, die von der gesamten Bevölkerung besonders zu betrachten sind.
  • Als Denkmale sind die jüdischen Friedhöfe auch in Wesel fast die einzigen materiellen Überreste der Jahrhunderte alten deutsch-jüdischen Kulturgeschichte, auf die wir besonders zu achten haben.

Alle jüdischen Friedhöfe in Wesel sind, aus den uns bekannten Gründen, verwaist und werden somit nicht mehr belegt. Das heißt, es gibt auch keine Angehörigen, die Pflegeaufgaben übernehmen könnten.

Bereits in der Vereinbarung zwischen Bund, Ländern und den jüdischen Organisationen über verwaiste Friedhöfe vom 21. Juni 1952, wurde diesem Umstand Rechnung getragen.

Der jüdische Friedhof am Ostglacis befindet sich nach Meinung von B90/Die Grünen in einem erbärmlichen und pietätlosen Zustand. Diesen Missstand möchten einige Mitglieder gemeinsam mit interessierten Bürgerinnen und Bürger abändern.

Um diese Aufgabe übernehmen zu können, beantragen wir, uns folgende Fragen zeitnah zu beantworten:

  1. Welche Gegebenheiten haben zu diesem unwürdigen Pflegezustand geführt?
  2. Wie lauten die Vereinbarungen zwischen der jüdischen Gemeinde und der Stadt Wesel?
  3. Dürfen Weseler Bürgerinnen und Bürger mithelfen den Friedhof zu pflegen? Wir gehen davon aus, dass die jüdische Gemeinde weder die personellen noch die finanziellen Mittel zur Verfügung hat, um all die verwaisten Friedhöfe in ihrem Einzugsgebiet zu pflegen oder pflegen zu lassen.
  4. Wo wird der Schlüssel zum Eingangstor des Friedhofes aufbewahrt?
  5. Wann wird die Gedenktafel am Eingang ersetzt, die abgebaut oder gestohlen wurde?

Für B90/Die Grünen sind die jüdischen Friedhöfe in Wesel kulturgeschichtlich sehr wertvolle Stätten, die nicht nur erhalten, sondern auch allen interessierten Menschen als ewige Mahnmale zugänglich gemacht werden müssen.  

Marlies Hillefeld, Mitglied im Rat der Stadt Wesel

Ulrich Gorris, Fraktionssprecher