Pressemitteilung zum Antrag, den ÖPNV in Wesel in die eigene Hand zu nehmen

Grüne für zukunftsfähige Mobilität auch in Wesel

Um den Antrag der Weseler Linken, den ÖPNV in Wesel in die eigene Hand zu nehmen, politisch und ökonomisch einordnen zu können, bedarf es eines Blicks auf die aktuelle politische, wissenschaftliche und vor allem in der Wirtschaft geführte Diskussion.

Neben der Energiewende wird es in den kommenden Jahrzehnten auch eine Verkehrswende geben. Das erfordern schon die internationalen Vereinbarungen zum Klimaschutz und die Überlastung der Verkehrsinfrastruktur der großen Städte. Technische Universitäten, mit Informations- und Mobilitätstechniken handelnde Unternehmen, Verkehrsbetriebe und staatliche Behörden arbeiten an zukunftsweisenden und nachhaltigen Mobilitätskonzepten. Beispielhaft hierfür die Studie „Zukunft der Mobilität 2025+“, an der sich neben Bosch, Siemens, SAP, Fujitsu, auch Daimler und die Münchner Verkehrsbetriebe beteiligt haben.

Einig sind sich die Forscher und Entwickler, dass es keine einseitigen und einfachen Lösungen geben wird. Einigkeit besteht auch bei der Beschreibung der Aufgabe: Mobilität der Zukunft muss sauberer, leiser, bequem, digital vernetzt und bezahlbar sein. Angestrebt wird der Erhalt der gesellschaftlich gewünschten Mobilität und Güterverteilung mit weniger Fahrten, weniger neuen Straßen und insgesamt geringeren gesamtgesellschaftlichen Kosten. Eine zentrale Bedingung für die Akzeptanz durch die Bürgerinnen und Bürger ist eine wahrnehmbare Verbesserung der Lebensqualität. Wichtigstes Instrument soll die digitale Vernetzung der Nutzer und Anbieter von Mobilitätsdienstleistungen sein.

Wir Grünen bemühen uns intensiv um nachhaltige Mobilitätskonzepte und unterstützen daher das Anliegen der Linken in Wesel ausdrücklich. In der lokalen Presse wurde die Idee gelobt, die Finanzierung aber als „Wolkenkuckucksheim“ kritisiert. Wir Grünen sind überzeugt, dass mehr als genug Geld vorhanden ist. Es befindet sich allerdings in den falschen Händen und wird in Verkehrsideologien der Vergangenheit gesteckt. Die Kassen des Bundes sprudeln seit Jahren über. Ein neuer Bundesverkehrswegeplan soll Deutschland fit für die Zukunft machen. Von den insgesamt geplanten 265 Mrd. € sollen 115 Mrd. € in Straßenneubauten fließen, der Rest in Sanierung, Schiene und Wasserstraßen.  Für die Pendlerpauschale gibt der Staat ca. 1,5 Mrd. € pro Jahr aus, das Steuerprivileg für Diesel-PKW wird vom Bundesrechnungshof mit 3,7 Mrd. €, das Privileg für LKW mit 4,1 Mrd. € pro Jahr angegeben, ein Ende des Steuerprivilegs für Kerosin ausschließlich für innerdeutsche Flüge würde noch einmal 400 Mio. € einbringen.

Werfen wir einen Blick auf Wesel, dann kostet allein die 2,5 km lange Südumgehung, die den Fusternberg zerschneidet, wertvolle Natur in den Lippewiesen frisst und zusätzliche Verkehrsströme nach und um Wesel lenkt, 55 Mio. €. Alleine dieses Geld könnte den Zuschussbedarf eines städtischen Verkehrsnetzes über Jahrzehnte decken. Stolz hat die Wirtschaftsförderung veröffentlicht, dass in der Weseler Innenstadt 4700 Parkplätze verfügbar sind. Nach wie vor besteht die Stadt wie z.B. bei der Tiefgarage im ehemaligen Kreiswehrersatzamt auf den Nachweis von PKW-Stellplätzen. Könnten nicht die Verwaltungen und die Weseler Firmen ihren Mitarbeitern „Jobtickets“ für den ÖPNV und „Jobfahrräder“ bezahlen oder subventionieren, anstatt weitere Pflichtparkplätze zu bauen?

Es ist schön, dass so viele Pendler in Wesel in den Zug steigen und die kostenlosen Pendlerparkplätze am Bahnhof nutzen. Wäre es nicht auch denkbar, die Parkplätze zu bewirtschaften und die Einnahmen in die Verbesserung des ÖPNV Netzes zu stecken? Dann könnten mehr Menschen mit dem Bus zum Zug fahren. Ein Auto, das acht bis zwölf Stunden pro Tag vor dem Bahnhof steht ist nicht besonders kosteneffizient.

Die Bremser auf dem Weg zur zukunftsfähigen Mobilität sitzen in der Weseler GroKo. Jeder Parkplatz wird bejubelt, die Südumgehung als Mittel zur Verkehrsberuhigung  gefeiert, bei der Reduzierung der Buslinien wurde nur bedauernd mit den Schultern gezuckt.

In unserem grünen Wolkenkuckucksheim könnte man auf einigen Straßen in Wesel wieder spazieren gehen, oder es könnten sogar Kinder spielen!

Mit freundlichen Grüßen

Ulrich Gorris

Vorstandsprecher Bündnis 90/Die Grünen

OV Wesel

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